30. Tiroler Wirtschaftsforum mit Blick in die Zukunft!

Thema: „Zukunft nach Corona: Impulse setzen für die Zeit danach!“

Die Verlegung des WI-Forums am 3. November in die Dogana des Congress Innsbruck sowie strikte Zugangsregelungen ermöglichten eine qualitätsvolle Veranstaltung unter zuverlässiger Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen und behördlichen Auflagen. Vizepräsident Hermann Lindner begrüßte die Tagungsteilnehmer und eröffnete das 30. Tiroler Wirtschaftsforum – ein Jubiläum, das coronabedingt mit einem Jahr Verspätung stattfinden konnte. Er bedankte sich bei den Erfindern dieser Veranstaltung vor mehr als 30 Jahren, bei den Sponsoren und den Organisatoren. Die Zukunft Europas hänge davon ab, wie der Westen mit dem starken China umgehe. Lindner: „Wie stark China im Vergleich zur EU wirtschaftlich ist, zeigt, dass nach der Prognose des Internationalen Währungsfonds (IMF), die Weltwirtschaft im Jahr 2021 um 6 % real wachsen wird. Allerdings tragen dazu die USA und China zu je einem Viertel und die EU nur zu 13 % bei.“ Der Vizepräsident blickte auch in Richtung Bayern: „Wenn Südtirol, Tirol und Bayern gemeinsam eine Volkswirtschaft wären, würde Bayern 91 %, Südtirol 4 % und Tirol 5 % am BIP halten.“ Diese Zahlen machen deutlich, welche Herausforderungen zu bewältigen sind.

Verschiebung der Macht

Frank Sieren, einer der führenden deutschen China-Spezialisten, startete mit einem Vortrag über die Rolle Chinas – und wie sie die Welt verändert. Klimawandel, Digitalisierung und die Verschiebung des wirtschaftlichen sowie politischen Machtzentrums in Richtung Asien seien die drei großen Veränderungen des 21. Jahrhunderts, so Sieren. Dadurch würden sich die Spielregeln völlig verändern, gerade für Europa. Wirtschaft und Innovation, das seien die Antworten. Dass die Chinesen diese Chance viel zielgerichteter nützen, zeigte er am Beispiel von Shenzhen auf, einer modernen Metropole im Südosten Chinas. Von dort kämen nämlich die zukunftsorientierten Innovationen: Das „fleischlose Fleisch“, oder das Auto, das in Richtung autonomes Fahren revolutioniert werde! Europa müsse rasch Frühwarnsysteme entwickeln und sich in die führenden Innovationssysteme integrieren, so der Vortragende.

Die Autorin Judith Sevinç Basad kritisierte: „Die linken Aktivisten sind selbst rassistisch!“ Sie analysierte Aktivisten an den Universitäten, die gezielt Ideologien aufbauen würden, um Menschen in Täter und Opfer einzuteilen. Dies sei quasireligiös und bedrohe die Meinungsfreiheit. In ihrem Buch „Schäm Dich! Wie Ideologinnen und Ideologen bestimmen, was gut und böse ist“ fordert die Autorin, dass man Menschen als eigenverantwortliche Individuen sehen müsse, nicht als solche, die von Systemen fremdgesteuert werden.

„Coole Dinge hochziehen“

Um Technologie ging es bei Helmut Schönenberger. Der Gründer und CEO von UnternehmerTUM, Europas größtem universitären Gründer- und Innovationszentrum in München, schilderte in seinem Referat, wie man Europa zum Technologie- und Unternehmensstandort machen kann. „Warum nur Silicon Valley? Auch wir können ein Klima schaffen, um coole Dinge hochzuziehen“, so Schönenberger. Auf den Universitäten gehe es um den Dialog von Theorie und Praxis. Man müsse Studenten mit einem „guten Spirit“ und Know-how versorgen, dann „laufen die los, dann entsteht Großes.“ Menschen, die Start-Ups aufbauen, seien zu fördern. In München hätten es viele Mittelständler in den letzten Jahren zu Weltmarktführern in ihren Nischen gebracht. Bayern sei ein High-Tech-Land. Seine Empfehlung für Tirol: Kräfte bündeln, um die Mittelständler innovativer zu machen!

„Digitalisierung & Innovation – in eine Zukunft ohne Grenzen?“ Darüber sprach Michael Kleinemeier, das langjährige Vorstandsmitglied der SAP SE sowie Gründer & Geschäftsführer der e-mobiligence GmbH. „Wir müssen genauer überlegen, welche Art von Technologie wirklich Nutzen bringt“, so Kleinemeier. Die Kunden würden immer mehr individuelle Behandlungen erwarten. Deshalb würden Produkt und Dienstleistung zunehmend zusammenwachsen. Beim Thema Innovation gehe es um die Fragen: Was soll innoviert werden?  Will das jemand? Kann ich damit ein Geschäft machen? Schon bei der Jugend – in den Schulen - müsse man anfangen, Begeisterung für Technologie und Innovation zu wecken. Es gehe aber auch um eine Kultur, wo Änderung normal sei, so Kleinemeier.

Verantwortung nicht delegieren

Christoph Vilanek, CEO der freenet Group, betrachtete das Thema Digitalisierung aus einem humorvoll-kritischen Blickwinkel und warnte davor, „nicht mehr Herr der eigenen Lage“ zu sein. Er jedenfalls bediene den Lichtschalter im Haus lieber als über eine App. Er bedauerte auch, dass man Musiktitel nicht mehr kennen müsse, weil das alles der Algorithmus mache. Das eigene Denken dürfe man nicht verlernen, man müsse wieder zu mehr persönlicher Verantwortung kommen. Die Realität werde komplexer, Selbstinitiative immer schwerer. In den sozialen Medien entstehe eine Kultur, immer die anderen zu beschuldigen: „Die da oben, die weit weg sind. Aber nicht ich!“ Sein Credo: Selbstbewusst bleiben, Verantwortung übernehmen, das Leben selbst gestalten, die absolute Kontrolle über das eigene Handeln behalten. „Es wird eine Generation kommen, die sich da schwer tut. Wir haben den Luxus, den Drill von China nicht zu haben“, so Vilanek

Anastassia Lauterbach, Multi-Aufsichtsrätin und Expertin für KI und Cybersecurity, erklärte, wie sich unser Leben wandeln wird. Allerdings nicht wegen China, sondern durch Künstliche Intelligenz: „Wir brauchen ein nachhaltiges Daten-Ökosystem, in dem demokratische Grundwerte zum Tragen kommen und ein Wirtschaftsleben gedeihen kann, das auf Fairness und Chancengleichheit beruht.“

Moderiert wurde das Wirtschaftsforum von TT Chefredakteur Alois Vahrner.