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Vorstands- und Beiratssitzung am 12. März

Im Zentrum der ersten Sitzung des Vorstands und Beirats der Industriellenvereinigung Tirol im Jahr 2024 stand die wirtschaftliche Entwicklung der heimischen Industrie und die Frage, was getan werden muss, um Europas angeschlagene Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.

Das Highlight der ersten Vorstands- und Beiratssitzung des neuen Jahres war der fundierte und, gerade in Hinsicht auf die Zukunft der europäischen Industrie, ernüchternde Vortrag des IV-Chefökonomen Univ.-Prof. Dr. Christian Helmenstein zur aktuellen globalen und nationalen wirtschaftlichen Lage. Das Hauptaugenmerk der Präsentation lag neben Helmensteins Prognose der konjunkturellen Entwicklung vor allem auf den drängenden wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen sich Österreich und Europa konfrontiert sehen. Die derzeit vorherrschende Wirtschaftsdynamik, die von einer weiteren Verschiebung des wirtschaftlichen Wachstumspotenzials weg von Europa hin in die Vereinigten Staaten von Amerika und Asien geprägt ist, zwingt Europa nach Ansicht Helmensteins dazu, seine wirtschaftspolitische Ausrichtung radikal zu überdenken und Innovation, Wachstum und Strukturwandel wieder ins Zentrum der gemeinsamen Wirtschaftspolitik zu stellen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Staatenbund nicht noch weiter an Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu seinen Mitbewerbern verliert. Insbesondere die strukturellen Probleme innerhalb der EU, wie hohe Arbeits- und Energiekosten sowie bürokratische Hürden und Schildbürgerstreiche, wie das EU-Lieferkettengesetz, wurden als wesentliche Faktoren identifiziert, die die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen beeinträchtigen.

Europa am absteigenden Ast?
Sollte die Europäische Union weiterhin auf dem derzeitigen Entwicklungspfad beharren, skizzierte der Ökonom ein tristes Szenario, in dem Europas Industrie und Wirtschaft immer mehr an Relevanz und Konkurrenzfähigkeit verlieren. Eine Entwicklung, die Arbeitsplätze und den Wohlstand in Europa massiv gefährden würde, wenn vonseiten der Politik nicht entgegengesteuert wird. In der anschließenden Berichtrunde aus den anwesenden Mitgliedsbetrieben zeigte sich, dass sich die Befunde Helmensteins mit der wirtschaftlichen Realität decken, auf die die Unternehmen der Tiroler Industrie aktuell reagieren müssen. Viele Tiroler Industriebetriebe kämpfen mit einer stark nachlassenden Nachfrage infolge der schwächelnden Konjunktur und enorm gestiegenen Preisen. Fast alle teilnehmenden Mitglieder berichteten, dass die massive Steigerung der Arbeitskosten aufgrund der hohen KV-Abschlüsse ihre Unternehmen stark unter Druck setzt, vor allem da in vielen Bereichen notwendige Preiserhöhungen nicht mehr an die Kunden weitergegeben werden können. Es gab aber auch ermutigende Berichte von neuen Chancen, die dank der Erschließung neuer Märkte, einer vorausschauenden Investitionsstrategie oder der Diversifikation des eigenen Produktportfolios ergriffen werden konnten.

Industriepolitische Analyse
Nach der angeregten Diskussions- und Berichtsrunde ergriff IV-Präsident Christoph Swarovski das Wort. Präsident Swarovski präsentierte in seinem Bericht eine umfassende Analyse aktueller politischer und gesetzlicher Entwicklungen, die sich direkt auf die Industrie auswirken, darunter die EU-Wahl, das seitdem leider doch beschlossene Lieferkettengesetz, den Net-Zero-Industry-Act sowie die EU-Klimaziele für 2040. In seinen Ausführungen betonte er die kritische Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Industrie und Politik zur Sicherung des Wachstums und Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit Tiroler Unternehmen. Beim Lieferkettengesetz kritisierte er die Verlagerung staatlicher Verantwortung auf Unternehmen und warnte vor bürokratischen Belastungen sowie Strafen, die KMU schwer treffen könnte. Der Net-Zero-Industry-Act wurde als europäische Initiative zur Beschleunigung der Dekarbonisierung hervorgehoben und mit dem amerikanischen Inflation Reduction Act verglichen, der anstatt staatlicher Projektförderung mit direkten finanziellen Anreizen in Form von Steuergutschriften operiert. Swarovski betonte, dass der Erfolg der Pläne zur Emissionsreduktion in Europas Industrie vor allem von der Geschwindigkeit der Umsetzung abhängen würde. Hinsichtlich der EU-Klimaziele für 2040, die vorsehen, die Emissionen im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent zu reduzieren, äußerte Swarovski Bedenken. In der oft rein ideologisch getriebenen Diskussion vermisst der Präsident die Technologieoffenheit und das Vertrauen politischer Entscheidungsträger in die Fähigkeit von Unternehmen, auch ohne staatliche Eingriffe die Dekarbonisierung eigenverantwortlich voranzutreiben und die effizientesten Technologien für die grüne Transformation der Industrie zu entwickeln. Eine enge Zusammenarbeit mit der Politik sei auch in Zukunft essenziell, um praktikable Lösungen zu finden, die die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärken und nicht weiter einschränken.

Engagierte Interessenvertretung
In seinem anschließenden Bericht legte IV-Tirol-Geschäftsführer Michael Mairhofer die aktuellen und geplanten Aktivitäten der Industriellenvereinigung Tirol dar. Mairhofer und sein Team arbeiten derzeit an der Ausarbeitung einer neuen Industriestrategie für Tirol. Diese Strategie wird eine wichtige Richtschnur sein, um die Tiroler Industrie auf die Herausforderungen und Chancen der kommenden Jahre vorzubereiten. Weiter informierte Mairhofer die Mitglieder des Vorstands- und Beirats über die Entwicklungen bei den Flugverbindungen zwischen Innsbruck und Wien bzw. Innsbruck und Frankfurt, stellte noch einmal kurz die landesweite IV-Tirol-Imagekampagne zur Steigerung der Attraktivität einer Ausbildung und Arbeit in der Tiroler Industrie vor und präsentierte die weiteren Aktivitäten und Initiativen, die die IV Tirol im weiteren Jahresverlauf setzen wird. Der Geschäftsführer nutzte auch die Gelegenheit, um den Mitgliedern des Vorstands und Beirats für ihr Engagement zu danken und drückte seine Hoffnung aus, dass viele der derzeitigen Mitglieder auch unter dem neu gewählten Präsidium der IV Tirol als Funktionäre zur Verfügung stehen würden.

Nachbesetzungen und Danksagung des Präsidenten
Im Anschluss wurde über die Nachbesetzungen im Beirat informiert und abgestimmt: Silvia Lieb (Moser Holding AG) wurde als Nachfolgerin von Mag. Hermann Petz in den Beirat berufen. Tobias Huter (Huter & Söhne GmbH) trat die Nachfolge seines Onkels Peter Huter ebenfalls als Mitglied des Beirats an. Beide Nachbesetzungen wurden einstimmig angenommen. Zum Abschluss der Sitzung richtete Präsident Swarovski, der nach acht Jahren als IV-Tirol-Präsident das Amt im Mai statutengemäß abgeben wird, noch einmal das Wort an alle Anwesenden und bedankte sich für acht spannende und abwechslungsreiche Jahre sowie für die gute Zusammenarbeit und die Unterstützung der Mitglieder des Vorstands und Beirats während seiner Amtszeit.