Krise(n) richtig bekämpfen

Corona-Krise, Ukraine-Krieg, Lieferkettenprobleme, Inflations-Welle: Drei Groß-Krisen bedrohen Wohlstand und Zukunft. Die Industriellenvereinigung sagt, welcher wirtschaftspolitische Kurs jetzt notwendig ist, um gegenzusteuern. 

Nach der Corona-Krise und der russischen Invasion in der Uk-raine hat uns nun die nächste Krise getroffen: Die höchste Inflation seit 40 Jahren ist eine massive Herausforderung für Unterneh-men. „Wir gehen aber nicht von einer Re-zession aus, sondern von einer stagnativen Entwicklung in der Industrie. Das heißt, der industrie- und investitionsgetragene Auf-schwung geht zu Ende“, sagt IV-Präsident Georg Knill. Die heimische Industrie kann somit heuer nicht mehr jener Konjunktur-motor sein, wie sie es in Österreich vor allem auch in der Corona-Krise war. Im April hatte die IV für heuer für die Gesamtwirtschaft mit 3,25 Prozent ein geringeres Wachstum als andere Wirtschaftsforschungsinstitute und die Notenbank erwartet. Aber: Wei-tere EU-Sanktionen – Stichwort Öl- oder gar Gas-Embargo – würden die Prognose deutlich verdüstern. Das von der EU-Kommission Anfang Mai angestrebte Öl-Em-bargo würde einen weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,25 Prozentpunkte verursachen und die Inflation weiter anhei-zen. Der Grund, warum die IV-Ökonomen schon bisher vorsichtiger prognostizierten: Die angespannte Situation bei den Liefer-ketten wird in der IV-Berechnung stärker gewichtet, und das sogenannte Recycling der Petro-Dollars und Gas-Euros funktio-niert nur eingeschränkt, denn höhere Ener-gieeinnahmen Russlands gehen nicht mehr mit höheren Lieferungen von Investitions-gütern dorthin einher. Knill: „Damit wir das prognostizierte Wachstum erreichen kön-nen, darf sich die Ukraine-Krise nicht ver-schlimmern und schon gar kein Embargo auf russisches Gas kommen.“ 

Nachfrage nach Fachkräften bleibt hoch
Die Industrie selbst wird nur mehr wenig zum prognostizierten Wachstum beitragen können, unterstreicht IV-Generalsekretär Christoph Neumayer mit Blick auf die Pro-bleme bei Lieferketten, Rohstoffmangel, zu hohe Energiepreise und Teuerung. Die Inflation wird auch nächstes Jahr deutlich höher ausfallen als prognostiziert, so die IV-Ex-perten. Allerdings: In Sachen Beschäftigung bleibt die Industrie ein verlässlicher Standortpartner. Knapp jedes dritte Unternehmenstrebt laut aktuellem IV-Konjunkturbaro-meter die Anstellung neuer Mitarbeiter an, während nur jedes zwölfte Unternehmen den Beschäftigtenstand nicht mehr zu halten vermag.

Richtig gegensteuern

Nichtsdestotrotz liegt konjunkturell ein sehr schwieriges Jahr vor der österreichischen Industrie. Die Preisentwicklung bei der Ener-gie sowie bei Rohstoffen belastet die Wett-bewerbsfähigkeit der Unternehmen massiv. „Wir müssen dringend gegensteuern und den Unternehmen Luft zum Atmen verschaffen. Das in Europa bestens bewährte und punkt-genaue Instrument der Strompreiskompensation muss nun rasch umgesetzt werden“, fordert IV-Präsident Knill kurzfristig treffsichere Maßnahmen. Und zwar ohne politische Tauschgeschäfte, die für die Industrie neue Belastungen bringen würden. 

Die Unternehmen sind schon jetzt mit einem massiven Gegenwind konfrontiert. Neue Hürden oder Belastungen im Energiebereich würden Wohlstand untergraben und Arbeitsplätze gefährden.

Notwendig sind im Kampf gegen die Krise aus Sicht der Industrie sowohl kostendämpfende Entlastungspakete als auch Maßnah-men zur Stärkung der Wettbewerbsfähig-keit der Industrie. Um die Preisstabilität zu erhöhen, ist richtige Entlastung angesagt. Die Industriellenvereinigung unterstützt daher den Vorschlag zur Abschaffung der  kalten Progression. „Gerade in der aktu-ellen Krisensituation wäre das nicht nur eine Frage der Fairness für die arbeitenden Menschen, sondern die richtige Maßnah-me zur richtigen Zeit, um die Kaufkraft der Menschen nachhaltig zu stärken“, so IV-Generalsekretär Neumayer. Zur Entlastung des Faktors Arbeit müssen auch alle Poten-ziale zur Senkung der Lohnnebenkosten  genutzt werden.

Stopp für neue Belastungen

Generell, so Neumayer auch mit Blick auf jüngste Steuervorschläge, brauche es ein Stoppschild für alle Maßnahmen auf na-tionaler und europäischer Ebene, die Un-ternehmen in diesen schwierigen Zeiten zusätzlich belasten würden. So warnt die In-dustriellenvereinigung vor Belastungen, die durch neue Gesetze drohen. In Vorbereitung ist bekanntlich das Klimaschutzgesetz, das sogar Verfassungsrang bekommen könnte. Neumayer konkretisiert: „Wenn eine CO2-Reduktion um einen Prozentsatz in einem Verfassungsgesetz stünde, würden alle da-gegen verstoßen, die das nicht erreichen.“ Was in etwa damit vergleichbar wäre, wenn man eine bestimmte Höhe für das Wirt-schaftswachstum im Gesetz festlegt und dann jeder Strafe zahlen muss, der das nicht erreicht. Beim geplanten Energieeffizienz-gesetz warnt die Industrie vor möglichen Strafzahlungen von bis zu 275 Mio. Euro im Jahr für Landesenergieversorger, wenn sie ihre Kunden nicht zu mehr Energieein-sparungen bringen. „Die Unternehmen sind schon jetzt mit einem massiven Gegenwind konfrontiert. Neue Hürden oder Belastungen im Energiebereich würden Wohlstand unter-graben und Arbeitsplätze gefährden. Jetzt  braucht es Entlastung“, resümiert der IV- Generalsekretär.

Erneuerbare ausbauen

Wichtig ist für die Industrie hingegen die Be-schleunigung der Genehmigungsverfahren, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. IV-Präsident Georg Knill: „Ökostrom wächst nicht auf Bäumen. Wer das Klima schützen will, muss beim Erneuer-baren-Ausbau in die Gänge kommen. Klar ist für die Industrie, dass die Krisenbekämpfung auf sicheren Grundlagen erfolgen und wirksam sein muss. „Ideologie können wir uns jetzt nicht leisten. Wir haben eine völ-lig neue Situation bei der Energieversorgung aufgrund fundamentaler geopolitischer Entwicklungen. Bevor wir Gesetze wie Klimaschutz- und Energieeffizienzgesetz vorantreiben, müssen diese Auswirkungen vollständig geklärt sein. Sonst mache nwir die Krise für alle nur noch größer. Und das kann sich der Standort Ös-terreich nicht leisten.“