Die Hütte brennt – Tiroler Industrievertreter schlagen Alarm

Die heimische Industrie steht vor massiven Herausforderungen, und die Kritik von führenden Vertretern könnte deutlicher nicht sein: Karlheinz Wex, IV-Tirol-Vizepräsident und Vorstandsvorsitzender der Plansee Group, und Rainer Haag, CEO von emtaric und Sprecher der Taskforce Industrie 4.0 der IV Tirol, malen ein düsteres Bild der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Bei verschiedenen Veranstaltungen – von der Jubilarfeier der Plansee Group bis hin zu einem Industrieforum in Tirol – wurden zentrale Probleme und Forderungen klar formuliert.

Warnungen aus der Industrie

Karlheinz Wex verweist auf Österreichs dramatischen Abstieg im internationalen Wettbewerbsranking, bei dem das Land innerhalb von fünf Jahren von Platz 15 auf Platz 26 gefallen ist. Er kritisiert hohe Arbeitskosten, ein überreguliertes Steuersystem und eine Bürokratie, die Unternehmen an ihre Belastungsgrenzen bringt. „Wir erleben einen Bürokratie-Burnout,“ erklärte Wex und fügte hinzu, dass die schwache Konjunktur und der Rückgang in Schlüsselbranchen wie Maschinenbau und Medizintechnik zusätzliche Probleme schaffen. Gleichzeitig setzt die Plansee Group auf eine globale Strategie: Investitionen in die europäischen Standorte und den Ausbau der Wasserstofftechnologie sind Teil der Antwort auf die Krise.

Rainer Haag zeichnete ein ähnlich alarmierendes Bild und machte klar: „Es brennt die ganze Hütte.“ Die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes sei massiv gefährdet, und sowohl Politik als auch Bevölkerung müssten aufwachen, um Österreichs Industrie zu retten. Er fordert massive Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie digitale Transformation, um das Innovationspotenzial wieder zu stärken. Haag betonte, dass die richtigen Rahmenbedingungen essenziell seien, um die Industrie nicht weiter ins Hintertreffen geraten zu lassen.

Dramatische Lage der Industrie

Die österreichische Industrie steht vor massiven Herausforderungen. Der produzierende Sektor befindet sich bereits im dritten Jahr der Rezession, begleitet von sinkenden Umsätzen und einer verhaltenen (inter-)nationalen Nachfrage. Unternehmen wie KTM, der deutsche Automobilzulieferer Schaeffler, und andere große Industrieakteure sehen sich gezwungen, Arbeitsplätze abzubauen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. KTM plant, bis Anfang 2025 rund 300 Stellen abzubauen und den Weihnachtsurlaub zu verlängern, um die Produktion zu drosseln. Schaeffler etwa hat angekündigt, europaweit 4.700 Stellen zu streichen, darunter 450 Mitarbeiter am Standort Berndorf in Niederösterreich, der geschlossen werden soll. Diese Entwicklungen sind Teil einer Serie von Hiobsbotschaften aus der Industrie in den letzten Wochen.

Belastungen wachsen, Stimmung am Boden

Die allgemeine Stimmung in der Industrie bleibt gedrückt: Der UniCredit Bank Austria Einkaufsmanagerindex für die österreichische Industrie (EMI) für Oktober 2024 sank auf 42,0 Punkte, weit unter der Wachstumsgrenze von 50 Punkten. Dies deutet auf eine anhaltend rückläufige wirtschaftliche Aktivität hin. Die heimische Sachgütererzeugung steht dabei nicht nur durch geopolitische Spannungen, sondern auch durch eine unzureichende Nachfrage in Exportmärkten unter Druck. Zusätzlich belasten hohe Energiepreise und explodierende Lohnstückkosten die Konkurrenzfähigkeit der heimischen Industrie.

Die Situation wird weiter verschärft durch strukturelle Probleme: eine überbordende Bürokratie, ineffiziente Genehmigungsverfahren und eine im internationalen Vergleich hohe Steuer- und Abgabenlast. Diese Faktoren erschweren es heimischen Unternehmen, am internationalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Ohne eine handlungsfähige Bundesregierung, die zügig gezielte Maßnahmen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung der Industrie beschließt, droht eine weitere Erosion des österreichischen Industrie- und Wirtschaftsstandorts.

Forderungen der IV Tirol

Die Industriellenvereinigung Tirol sieht dringenden Handlungsbedarf und fordert von der sich gerade konstituierenden Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS ein umfassendes Maßnahmenpaket, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu sichern. Dazu gehören:

  • Senkung der Steuerquote auf 40 % bis 2030: Eine spürbare Entlastung durch eine effiziente Steuerpolitik, die Leistung belohnt und den Wohlstand fördert.
  • Massive Reduktion der Lohnnebenkosten: Mehr Netto vom Brutto stärkt den Arbeitsmarkt und erhöht die Attraktivität Österreichs als Produktionsstandort.
  • Bürokratieabbau: Ein Befreiungsschlag aus dem Bürokratie-Tsunami, inklusive der Reduktion von Berichtspflichten um 25 % und der Vermeidung von „Gold Plating“ bei EU-Richtlinien.
  • Fokus auf die Energiekosten: Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030 und ein ambitionierter Netzausbau zur Sicherung der Versorgung.
  • Investitionen in die Infrastruktur: Schnellere Genehmigungsverfahren und gezielte Förderungen zur Modernisierung von Energie- und Verkehrsnetzen.
  • Exportoffensive: Förderung neuer Freihandelsabkommen und der Zugang zu internationalen Märkten, um die Exportwirtschaft zu stärken.
  • Pensionsreformen: Anpassung des faktischen Antrittsalters an das OECD-Niveau, um langfristige Stabilität zu sichern.
  • Förderung von Forschung und Entwicklung: Anhebung der F&E-Quote auf 4 % und gezielte Anreize für Innovationen in Schlüsselbranchen.