Industriegespräche: Standortpolitik im Direktkontakt

Wasserstoff-Infrastruktur, Genehmigungsverfahren, MCI-Standortfrage: Beim regelmäßigen Austausch zwischen dem Land Tirol und den Vertretern der Tiroler Industrie standen erneut zentrale Industriefragen auf der Agenda.

„Wer Industriepolitik ernst nimmt, braucht strukturierte Dialogformate – mit klarer Verantwortung auf beiden Seiten“, fasst IV-Tirol-Präsident Max Kloger die Vorteile der Industriegespräche für die Standesvertretung der Tiroler Industrie zusammen. Regelmäßig treffen sich Landeshauptmann Anton Mattle, Wirtschaftslandesrat Mario Gerber, IV-Tirol-Präsident Max Kloger, IV-Tirol-Geschäftsführer Michael Mairhofer und Oswald Wolkenstein, Geschäftsführer der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Tirol, zum Austausch über aktuelle Standortthemen. Ziel ist es, politische Entscheidungsprozesse frühzeitig zu spiegeln und die Perspektive der produzierenden Industrie konsequent in die Arbeit der Tiroler Landesregierung einzubringen.

Kein Wasserstoff für Westösterreich?

Ein zentrales Thema beim jüngsten Industriegespräch am 24. März 2025 war der drohende Ausschluss Tirols vom geplanten H₂-Startnetz des Bundes. Laut aktueller ÖNIP-2030-Planung – dem österreichischen Netzinfrastrukturplan für Gas, der vom Klimaministerium (BMK) herausgegeben wird – sollen nur Leitungen in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark in das staatliche Finanzierungsmodell aufgenommen werden. Salzburg und Tirol würden leer ausgehen. Dabei liegen längst konkrete Dekarbonisierungspläne zahlreicher Industriebetriebe aus Westösterreich vor. Die IV Tirol drängt daher auf eine rasche Nachschärfung des nationalen Infrastrukturplans und verweist auf den breiten Wasserstoffbedarf, der durch die Teilnahme einer Vielzahl von Tiroler Industrieunternehmen an der H₂-Roadmap der AGGM, dem Markt- und Infrastrukturkoordinator des österreichischen Gasnetzes, bereits dokumentiert ist.

BBT-Nutzung: Zukunft nicht verschlafen

Mit dem Brenner Basistunnel (BBT) entsteht bis 2032 der zentrale Transportkorridor durch die Alpen. Doch ohne Anbindung an leistungsfähige Zulaufstrecken und eine klare Verlagerungsstrategie droht das Potenzial ungenutzt zu bleiben. Die IV Tirol fordert konkrete Maßnahmen zur besseren Auslastung des BBT – etwa durch Kombiverkehr, intelligente Verkehrsmanagementsysteme in Echtzeit, neue Strategien bei der Lkw-Verlagerung und eine aktive Rolle des Landes Tirol bei der Güterverkehrsstrategie.

Chancen des Tirol Konvents nutzen

Ein weiteres zentrales Thema des Industriegesprächs war die Einführung digitaler Genehmigungsverfahren. Aktuell verzögern überlange Prüfprozesse und formalistische Nachforderungen zahlreiche Industrie- und Infrastrukturprojekte. Die IV Tirol drängt auf die Umsetzung einer landesweiten digitalen Verfahrensplattform und die konsequente Begrenzung überzogener Auflagen. Im Rahmen des Tirol Konvents wurden hierzu bereits konkrete Vorschläge eingebracht.

MCI, Schülerheime, Hochschulen: Standortpolitik weitergedacht

Breiten Raum nahm auch die Frage der langfristigen Standortentwicklung des Management Centers Innsbruck (MCI) ein. Der aktuell vorgesehene Ausweichstandort in der ehemaligen Hauptpost wird von Experten als ungeeignet bewertet – nun soll gemeinsam mit dem Land Tirol eine tragfähige Lösung gesucht werden. Ebenfalls diskutiert wurde die notwendige Stärkung der Tiroler Hochschulkonferenz sowie die Forderung der IV, bei Schülerheimen für faire Rahmenbedingungen bei den Unterbringungskosten zu sorgen – unabhängig von der Trägerschaft. „Industriepolitik ist dann erfolgreich, wenn alle Beteiligten gemeinsam an Lösungen arbeiten – konstruktiv, zielgerichtet und mit Blick auf die Zukunft. Die Industriegespräche mit dem Land sind dafür ein gutes Fundament, auf dem wir weiter aufbauen können“, zieht Max Kloger abschließend Resümee.