Die aktuelle Erhebung zeigt, dass sich das wirtschaftliche Umfeld weiter verschlechtert hat. Massiv gestiegene Kosten, vor allem im Bereich der Lohnstückkosten, aber auch bei den Energiepreisen, schwächelnde Nachfrage nach Tiroler Industrieprodukten auf den wichtigsten Absatzmärkten und wachsende geopolitische Unsicherheiten prägen das Bild der Tiroler Industrie. Die derzeitige Geschäftslage wird nur noch von 8 % der befragten Unternehmen als „gut“ bewertet, ein deutlicher Rückgang gegenüber den 19 % im zweiten Quartal 2024. Im Vergleich dazu stieg der Anteil der Betriebe, die ihre Geschäftslage als „durchschnittlich“ einstufen, von 58 % auf 77 %, während 15 % ihre Lage als „schlecht“ beschreiben (23 % Q2 2024).
Rückgang bei Aufträgen und Auslandsaufträgen
Auch beim Auftragsbestand ist die Lage alarmierend. Die schwache Nachfrage aus dem Ausland und die anhaltende Unsicherheit auf den internationalen Märkten belasten die Auftragsbücher der exportorientierten Tiroler Industrie. Der Anteil der Unternehmen, die ihren Auftragsbestand als „gut“ bewerten, ist von 19 % im zweiten Quartal auf 10 % im 3. Quartal gesunken. Vor allem die Auslandsaufträge sind stark zurückgegangen: Nur noch 12 % der befragten Unternehmen bewerten diese als „gut“ (18 % Q2 2024), während 30 % von einer „schlechten“ Auftragslage berichten (49 % Q2 2024). 58 % bewerten die Entwicklung der Auslandsaufträge als durchschnittlich (33 % Q2 2024). Diese Bewertungen spiegeln sich auch in den jüngsten Konjunkturprognosen des WIFO und des IHS wider, die eine noch schwächere wirtschaftliche Dynamik vorhersagen als bisher angenommen. Laut den aktuellen Prognosen des WIFO wird das reale BIP in Österreich im Jahr 2024 um 0,6 % sinken, bevor es 2025 voraussichtlich um 1 % wachsen wird. Das IHS schätzt die Lage ähnlich ein: Auch hier wird für 2024 ein Rückgang des BIP um 0,6 % erwartet, gefolgt von einem moderaten Anstieg um 0,8 % im Jahr 2025. Beide Analysen zeigen, dass sich die Rezession, die Industrie und Bau bereits zwei Jahre lang heimsucht, nun auch in allen anderen Branchen angekommen ist.
Schwache Produktionsaussichten und Preisentwicklung
Die Produktionstätigkeit für die nächsten drei Monate verschlechtert sich ebenfalls deutlich. Nur noch 2 % der Unternehmen rechnen mit einer guten Auslastung (13 % Q2 2024), während 18 % eine negative Entwicklung prognostizieren. 80 % der befragten Industriebetriebe erwarten eine durchschnittliche Entwicklung der Produktionstätigkeit (66 % Q2 2024).
Besonders problematisch ist die Entwicklung der Verkaufspreise: Hier erwarten 51 % der Unternehmen sinkende Preise – bei gleichzeitig steigenden Kosten –, nachdem im 2. Quartal nur 10 % diese Einschätzung teilten. Kein einziges Unternehmen geht von steigenden Preisen aus! Die Unsicherheiten über die Preisentwicklung belasten die strategische Planung der Unternehmen erheblich und sind ein Beleg dafür, dass die explodierenden Lohnstückkosten in Österreich der exportorientierten Industrie keinen Spielraum mehr im internationalen Wettbewerb mit Unternehmen aus Ländern ermöglichen, in denen die Kosten auf Arbeit um einiges moderater als in Österreich gestiegen sind.
Forderungen an die Politik nach schneller Regierungsbildung
Angesichts dieser schwierigen Lage richtet sich der Appell der Tiroler Industrie an die politischen Entscheidungsträger, möglichst rasch eine neue Bundesregierung zu bilden, die die notwendigen Reformen umsetzt. „Österreich darf sich keinen politischen Stillstand leisten. Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die den Industriestandort Österreich wieder auf Vordermann bringt“, fordert IV-Tirol-Präsident Max Kloger. Insbesondere brauche es laut Kloger spürbare Entlastungen bei den Energiepreisen sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten: „Die Lohnstückkosten in Österreich sind durch die Decke gegangen und setzen unsere Unternehmen stark unter Druck. Wir brauchen so schnell wie möglich eine wirtschaftsfreundliche Regierung, die uns hier entlastet und Rahmenbedingungen schafft, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.“ Kloger betont zudem die Notwendigkeit, die Abgabenquote auf 40 % zu senken und gleichzeitig den Bürokratieabbau voranzutreiben: „Eine Senkung der Lohnnebenkosten und eine ehrlich gemeinte Verwaltungsreform werden nicht nur kurzfristig helfen, sondern die Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmen im internationalen Wettbewerb langfristig steigern. Das wird ihnen wieder ermöglichen in Tirol zu investieren und ihrer Rolle als Garanten für Wohlstand und sichere Arbeitsplätze nachzukommen“, so Kloger abschließend.
*Anmerkung: Der Geschäftsklimaindex ist der Mittelwert der Einschätzung der aktuellen Geschäftslage und der in sechs Monaten erwarteten.