Am 10. Juni 2025 versammelten sich im congresspark Igls mehr als 250 führende Vertreterinnen und Vertreter aus Industrie, Forschung, Energiewirtschaft, Verwaltung und Politik. Ziel der zweiten Auflage des Alpen-Energieforums war es, konkrete Perspektiven zu entwickeln, wie Tirol den Ausbau seiner Energieinfrastruktur beschleunigen, die Versorgung langfristig sichern und gleichzeitig die industrielle Wettbewerbsfähigkeit erhalten kann.
Ohne Infrastruktur keine Energiewende
IV-Tirol-Präsident Max Kloger machte unmissverständlich klar, dass die Energiewende nur gelingen kann, wenn auch die wirtschaftliche Grundlage Tirols – die Industrie – mitgedacht wird: „Unsere Industrie braucht verlässliche, leistbare und nachhaltig produzierte Energie. Dafür braucht es ein klares Bekenntnis zu allen verfügbaren erneuerbaren Energieformen – mit der Wasserkraft als tragender Säule. Sie ist nicht nur Tirols stabilste Energiequelle, sondern auch die einzige großtechnische Speichertechnologie, die in der Lage ist, die Volatilität von Sonnen- und Windstrom zuverlässig auszugleichen. Genau diese Speicherfähigkeit entscheidet darüber, ob die Energiewende zur Erfolgsgeschichte wird – oder zur Belastungsprobe.“
Speicher, Wasserstoff und Strompreiskompensation
Neben dem forcierten Ausbau der Wasserkraft – insbesondere der Pumpspeicher – forderte Kloger auch den raschen Anschluss Tirols an das geplante österreichweite Wasserstoffnetz: „Wenn wir morgen eine CO₂-freie Industrieproduktion wollen, müssen wir heute in Infrastruktur investieren. Tirol braucht Anschluss an das nationale Wasserstoffnetz – sonst verpassen wir den Anschluss an die grüne Transformation.“ Auch die nun beschlossene Wiedereinführung der Strompreiskompensation für 2025 und 2026 begrüßte Kloger als „überfälliges Signal für die Industrie – und einen wichtigen konjunkturellen Impuls. Auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass sie wie in anderen EU-Staaten bis 2030 eingeführt wird“. Entscheidend sei jetzt, dass die Umsetzung praxisgerecht erfolge: „Energieintensive Betriebe investieren seit Jahren in Effizienz – diese Leistungen müssen auch rückwirkend anerkannt werden. Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass die dringend notwendige Entlastung gleich wieder durch bürokratische Hürden ausgebremst wird.“
Handeln, nicht blockieren
Mit Blick auf die gesellschaftliche Debatte rund um neue Energieprojekte rief Kloger dazu auf, Blockaden zu überwinden und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen: „Es geht nicht, dass jede Leitung, jedes Kraftwerk und jedes Speicherprojekt reflexartig bekämpft wird. Wer Ja zur Energiewende sagt, muss auch Ja zur nötigen Infrastruktur sagen. Jetzt ist nicht die Zeit für politische Spielchen oder Grabenkämpfe – jetzt geht es darum, gemeinsam alles zu unternehmen, damit wir die Energieautonomie bis 2050 wirklich erreichen.“
Felbermayr: Energiepreise entscheiden für Standortsicherheit
Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), bestätigte aus ökonomischer Sicht: „Die Energiewende ist kein Widerspruch zur Wettbewerbsfähigkeit – im Gegenteil: Sie ist ihre Voraussetzung. Aber nur, wenn sie planvoll und effizient gemanagt wird. Wenn wir die Unternehmen mit hohen Energiepreisen, unsicheren Rahmenbedingungen und fehlender Netzinfrastruktur alleinlassen, wandern Wertschöpfung und Jobs ab.“ Er sprach sich für einen marktwirtschaftlich fundierten Rahmen aus: Investitionen in Speichertechnologie, gezielte Effizienzprogramme, der Abbau klimaschädlicher Subventionen – und eine Strompreispolitik, die Anreize erhält, aber Unternehmen nicht überfordert.
Wadsak: Die Klimakrise wartet nicht
Meteorologe, Autor und Klimaexperte Marcus Wadsak unterstrich die Dringlichkeit entschlossenen Handelns: „2024 war das wärmste Jahr der Messgeschichte – und der Alpenraum erwärmt sich doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Wenn wir nicht jetzt handeln, handeln wir zu spät.“ Die Energiewende sei kein rein technisches Projekt, sondern eine gesellschaftliche Herausforderung: „Nur wenn wir ehrlich, faktenbasiert und verständlich über Klimaziele und Maßnahmen sprechen, entsteht Vertrauen. Und nur mit diesem Vertrauen entsteht die Akzeptanz, die es für Infrastrukturprojekte, Förderungen und politische Entscheidungen braucht.“
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