Vorstand und Beirat der IV Tirol kamen am 11. März zusammen, um über aktuelle wirtschaftspolitische Entwicklungen und deren konkrete Auswirkungen auf Tiroler Unternehmen zu diskutieren. IV-Tirol-Präsident Max Kloger begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und gab einen Überblick über die zentralen Herausforderungen und Chancen für den Industriestandort Tirol. Im Zentrum standen dabei die konjunkturelle Entwicklung, das neue Regierungsprogramm sowie zentrale Forderungen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie.
Konjunkturausblick: Exportmärkte und Zollpolitik im Fokus
Den ersten Schwerpunkt der Sitzung bildete der Vortrag von Stefan Haigner, Ökonom und Gesellschafter der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung. Haigner analysierte die aktuellen Konjunkturprognosen und ging insbesondere auf die möglichen Folgen der angekündigten US-Zölle sowie auf die aufgrund des ausufernden Defizits notwendig gewordene Budgetkonsolidierung ein. Laut Haigner könnten die geplanten US-Zölle in Höhe von 10 % insbesondere die Branchen Maschinenbau, Metallerzeugnisse sowie Automobilzulieferer treffen. Diese Sektoren seien besonders exportstark; allein vier Branchen decken 51 % der österreichischen Exporte in die USA ab. Trotzdem relativierte Haigner die makroökonomischen Effekte: „Insgesamt wären die Auswirkungen dieser Zölle mit rund 0,1 % auf Österreichs BIP überschaubar.“
Weitaus stärker werde Österreichs Wirtschaft jedoch von den Folgen der anstehenden Budgetkonsolidierung betroffen sein, die als Konsequenz der expansiven „Koste-es-was-es-wolle“-Politik während der Corona-Pandemie unumgänglich geworden sei. „Der jetzt eingeleitete Konsolidierungspfad könnte Österreich mittelfristig signifikant belasten und hat für den Standort eine deutlich höhere Bedeutung als die US-Zölle“, betonte Haigner.
Regierungsprogramm: Zwischen Hoffnung und Enttäuschung
Präsident Max Kloger präsentierte anschließend die IV-Analyse des neuen Regierungsprogramms. Positiv bewertet wurden die Erhöhung der Forschungsquote auf 4 % des BIP, das Bekenntnis zum dringend notwendigen Bürokratieabbau sowie Investitionen in die Elementarpädagogik und die Einführung einer Bildungspflicht. Kritisch sieht die IV Tirol hingegen die fehlende nachhaltige Entlastung bei den Energiekosten, ausbleibende Maßnahmen zur Senkung der Lohnnebenkosten sowie die unklare Haltung zur Klimaneutralität bis 2040 – ein Ziel, das Österreich zehn Jahre früher erreichen soll als andere EU-Staaten. Präsidium, Vorstand und Beirat der IV Tirol forderten hier unisono Nachbesserungen, ein Ende des Goldplatings bei den Klimazielen und konkrete Schritte zur Entlastung auch größerer Unternehmen seitens der neuen Bundesregierung.
Hochspannung beim Thema Energiekosten
Intensiv diskutiert wurde die Problematik der Energiekosten, die speziell für energieintensive Industriebetriebe zunehmend existenzgefährdend wird. Der bereits 2022 ausgelaufene Strompreiskostenausgleich sowie die hohen Energiesteuern führen zu massiven Wettbewerbsnachteilen für die heimische Industrie. Die IV Tirol fordert daher eine Wiedereinführung und Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030, wie es in vielen Mitbewerberländern innerhalb der EU bereits der Fall ist. Zudem wird eine deutliche Senkung der Energiesteuern gefordert, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts nachhaltig zu sichern.
Stimmungsbild aus den Unternehmen
In den Berichten aus den Mitgliedsunternehmen zeigte sich trotz erheblicher Herausforderungen durch hohe Energiepreise, steigende Produktionskosten und Fachkräftemangel auch eine klare Grundstimmung von Optimismus und Zuversicht. Viele Unternehmen setzen verstärkt auf Innovation, Digitalisierung und nachhaltige Lösungen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch im Bereich Fachkräftegewinnung wurden zahlreiche positive Initiativen betont, mit denen Betriebe aktiv gegensteuern. Um diese positive Dynamik zu unterstützen, wurden klare politische Rahmenbedingungen sowie konkrete Maßnahmen beim Bürokratieabbau und bei Energiekosten eingefordert.
Bürokratieabbau als zentrales Projekt
Zum Abschluss der Sitzung gab Präsident Kloger einen Überblick über die strategischen Schwerpunkte der IV Tirol für das Jahr 2025. Ein zentrales Thema bleibt der Bürokratieabbau. Mit dem Tirol Konvent wurde eine Initiative ins Leben gerufen, die regulatorische Hürden für Unternehmen gezielt reduzieren soll. Besonders wichtig ist dabei die Einrichtung eines Verwaltungsforums, das Genehmigungsverfahren beschleunigen und administrative Prozesse effizienter gestalten soll. Die IV Tirol wird diese Initiative aktiv begleiten – mit der klaren Erwartung, dass auch die Verwaltung Reformbereitschaft zeigt und echte Entlastungen für Unternehmen schafft.
Neue Ansätze für den Tiroler Transitverkehr
Ein weiteres Thema war die Weiterentwicklung der Tiroler Transitmaßnahmen. Unter der Leitung von Matthias Danzl setzt die IV Tirol auf eine Alternative zum Nordzulauf des Brenner Basistunnels, die auf eine effizientere Nutzung bestehender Bahnkapazitäten statt auf großflächige Neubauten setzt. Gleichzeitig soll eine neue Kommunikationsstrategie die Debatte um den Transitverkehr entemotionalisieren. Die IV Tirol sieht darin einen wesentlichen Schritt, um Akzeptanz für notwendige Infrastrukturmaßnahmen zu schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit Tirols als Logistikstandort zu sichern.
Neben wirtschafts- und verkehrspolitischen Themen bleibt die MINT-Förderung ein zentrales Anliegen der IV Tirol. Die konsequente Umsetzung der Tiroler MINT-Strategie soll dazu beitragen, junge Talente frühzeitig für Technik und Naturwissenschaft zu begeistern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Projekte wie der Next Generation Day werden gezielt ausgebaut, um Schülerinnen und Schüler mit praxisnahen Einblicken für eine Karriere in den MINT-Berufe in der Tiroler Industrie zu gewinnen.
Neue Gesichter in Vorstand und Beirat
Im Rahmen der Sitzung wurden außerdem zwei neue Mitglieder in die IV-Tirol-Gremien aufgenommen: Alexander Speckle, Bauvorstand der TIWAG, wurde einstimmig als Nachfolger für den scheidenden Vorstandsvorsitzenden Erich Entstrasser in den Vorstand gewählt. Uwe Tilzen, neuer Leiter des Siemens-Standorts Tirol, folgt Gerhard Egger im Beirat nach. Beide bringen wertvolle Erfahrungen aus ihren Unternehmen mit und werden die IV Tirol aktiv unterstützen.
In seinem Schlussstatement betonte IV-Tirol-Präsident Max Kloger, dass die kommenden Monate entscheidend für den Industriestandort Tirol sein werden: „Wir werden der Regierung diese Chance geben, sie dabei aber kritisch begleiten und sicherstellen, dass die Interessen unserer Industrie ernst genommen und notwendige Maßnahmen konsequent umgesetzt werden.“