Zum Jahresausklang trafen sich die Spitzen der Tiroler Industrie mit führenden Vertretern der Landesregierung, um die aktuelle wirtschaftliche Lage zu analysieren. Im Fokus des Austauschs standen konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Tirol.
Beim regelmäßigen Austausch zwischen der Landesregierung und der heimischen Industrie standen erneut die zentralen Hebel für einen wettbewerbsfähigen Standort auf der Agenda. Landeshauptmann Anton Mattle und Wirtschaftslandesrat Mario Gerber diskutierten mit IV-Tirol-Präsident Max Kloger, dem Obmann der Sparte Industrie Karlheinz Wex sowie den Geschäftsführern Michael Mairhofer (IV Tirol) und Oswald Wolkenstein (Sparte Industrie) über die aktuellen Herausforderungen des produzierenden Sektors. Im Mittelpunkt stand der Abgleich zwischen makroökonomischen Daten und der betrieblichen Realität.
Bericht aus den Unternehmen
Ein wesentliches Element des hochrangigen Dialogformats ist der ungefilterte Einblick in die Situation der Tiroler Betriebe. Die Industrievertreter gaben dem Landeshauptmann und dem Wirtschaftslandesrat eine detaillierte Einschätzung der aktuellen Lage, die sich differenzierter darstellt, als es allgemeine Prognosen vermuten lassen. Während Wirtschaftsforschungsinstitute wie WIFO und IHS für 2025 und 2026 ein leichtes BIP-Wachstum vorhersagen, zeigen die Daten der Interessenvertretung ein anderes Bild: Der Geschäftsklimaindex der Tiroler Industrie gab im dritten Quartal 2025 erneut leicht nach – von 13,5 auf 12,5 Punkte. Die Analyse im Rahmen des Gesprächs verdeutlichte, dass trotz leichter gesamtwirtschaftlicher Erholungssignale eine nachhaltige Belebung der Auftragslage vielerorts ausbleibt. Vor allem die hohen Lohnkosten und Energiepreise sowie bürokratische Hürden bremsen die Investitionsbereitschaft der Unternehmen weiterhin spürbar.
Wettbewerbsnachteil Energie
Ein Schwerpunkt des Austausches lag auf den Energiekosten und dem drohenden Wettbewerbsnachteil gegenüber Deutschland. Dort greift ab 2026 ein Industriestrompreis von 5 Cent pro Kilowattstunde für energieintensive Unternehmen. Die Analyse der Industrie zeigte auf, dass Österreichs bisheriges Gegenmodell – der Stromkostenzuschuss (SAG) – im direkten Vergleich nicht ausreicht, um den Kostennachteil gegenüber dem wichtigen Mitbewerber und Hauptabsatzmarkt auszugleichen. Im Gespräch wurde daher die Rolle der TIWAG thematisiert. Kloger und Wex verwiesen auf den Versorgungsauftrag in der Satzung des Landesenergieversorgers und plädierten für einen Tiroler Industriestromtarif.
Verwaltung: Technik trifft auf Mindset
Auch der „Tirol Konvent“, die Initiative des Landes zur Digitalisierung der Verwaltung und zum Abbau von Bürokratie, war Teil der Agenda. Konkret wurde der Status der neuen digitalen Verfahrensplattform besprochen, die künftig den elektronischen Akt (ELAK) der Behörden nahtlos mit dem Bürgerportal digital.service.tirol verknüpfen soll. Seitens der Industrie wurde die technische Basis des Projekts positiv bewertet, gleichzeitig aber betont, dass die Digitalisierung allein nicht genügt. Entscheidend sei ein begleitender kultureller Wandel in der Beamtenschaft hin zu einem „Ermöglichungs-Mindset“. Um sicherzustellen, dass sich die neue Plattform an den tatsächlichen Abläufen der Praxis orientiert, vereinbarten die Gesprächspartner einen Workshop bei einem IV-Tirol-Mitgliedsunternehmen. Dort soll das gegenseitige Verständnis für behördliche und betriebliche Prozesse geschärft werden.
Aufwertung der Ausbildung an der PTS
Abschließend wurden wichtige Weichenstellungen im Bildungsbereich erörtert. Im Fokus stand das von der Bundesregierung geplante „Ausbildungsreifezertifikat“ (ARZ), das exklusiv durch den Besuch einer Polytechnischen Schule (PTS) erlangt werden kann. Die Vertreter der Industrie begrüßten diesen Vorstoß ausdrücklich: Das Zertifikat wertet nicht nur das Image der Lehre auf, sondern dient als sichtbares Qualitätssiegel für die hochwertige Ausbildung an den heimischen PTS. Es weist zentrale berufsrelevante Kompetenzen nach und schafft ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Die Landespolitik wurde ersucht, sich auf Bundesebene mit Nachdruck für die Umsetzung einzusetzen, um die Schlüsselrolle der PTS als wichtigstem Zubringer für die duale Ausbildung zu stärken.


