Eine neue Analyse im Auftrag der IV Tirol zeigt: Tirols Industrie zahlt massiv in die Arbeitslosenversicherung ein, erhält aber nur einen Bruchteil zurück. IV-Tirol-Präsident Max Kloger fordert daher eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten und mehr politischen Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft der Industrie.
Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung – ein wesentlicher Bestandteil der Lohnnebenkosten – summierten sich 2024 in Tirols Industrie auf rund 181 Millionen Euro. Zurückgeflossen sind, laut aktueller Analyse der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung, lediglich 30 Millionen Euro in Form von Leistungen. Der Überschuss von 151 Millionen Euro fließt ins System und finanziert Maßnahmen weit über die Branche und das Bundesland hinaus. „Die Tiroler Industrie ist die größte Nettozahlerin in das Arbeitslosenversicherungssystem. Wer so viel beiträgt, darf erwarten, dass die Rahmenbedingungen stimmen und die Belastungen tragbar bleiben“, betont IV-Tirol-Präsident Max Kloger. Die IV Tirol fordert eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten – nicht durch Kürzungen bei den Menschen, die wirklich Unterstützung brauchen, sondern durch eine effizientere Organisation und Zielausrichtung der Systeme. „Jeder Euro muss gezielter wirken. Es ist nicht hinnehmbar, dass unsere Industriebetriebe, die der Motor unseres Wohlstands sind, durch überhöhte Lohnkosten an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Wenn Tirol überdurchschnittlich einzahlt, muss sich das auch in höheren Budgets für Qualifizierungsmaßnahmen im Kampf gegen den Fachkräftemangel widerspiegeln“, so Kloger.
Hohe Lohnkosten als Standortnachteil
Österreich zählt zu den Ländern mit den höchsten Arbeitskosten in Europa: 2024 lag der Wert laut Eurostat bei 44,5 Euro pro Arbeitsstunde – damit rangiert Österreich auf Platz fünf der teuersten Standorte in der EU. Diese hohen Kosten sind ein strukturelles Risiko für die internationale Wettbewerbsfähigkeit. „Wenn die Kosten für Arbeit schneller steigen als die wirtschaftliche Leistung, verlieren wir Schritt für Schritt Marktanteile – und das in einer Phase, in der Investitionen, Innovation und Standortqualität wichtiger denn je sind“, warnt Kloger. Mit einer Abgabenquote von 47 Prozent liegt Österreich im OECD-Spitzenfeld, und einen großen Teil davon machen die Lohnnebenkosten aus. „Wir müssen diese Belastung klar und nachhaltig senken. Das ist der schnellste Weg, um unsere Unternehmen zu entlasten, Spielraum für Investitionen und damit verbundene wirtschaftliche Erholung zu schaffen und Arbeitsplätze zu sichern. Effizienzsteigerungen im System können dafür sorgen, dass wichtige Prozentpunkte von der Gesamtbelastung wegkommen – auch in Zeiten knapper Budgets, ohne bei den Menschen zu sparen“, so Kloger.
Garant für Wohlstand und Stabilität
Die Industrie ist eine der tragenden Säulen von Tirols wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Stabilität. 407 Betriebe erwirtschaften direkt, indirekt und induziert 13,5 Milliarden Euro regionale Wertschöpfung – mehr als ein Drittel des Bruttoregionalprodukts. Rund 40.000 Menschen finden hier gut bezahlte, sichere und ganzjährige Arbeitsplätze, mit einem durchschnittlichen Jahresbruttogehalt von 65.004 Euro – Einkommen, die Familien absichern, Konsumkraft stärken und Kommunen finanzieren. Selbst in der seit Ende 2022 anhaltenden Industrierezession blieb der Beschäftigungsrückgang in Tirols Industrie minimal: Nur 270 Stellen gingen verloren, während österreichweit 13.840 Arbeitsplätze wegfielen1. Möglich wurde das durch die Verantwortungskultur vieler – meist familiengeführter – Traditionsunternehmen, die ihre Teams auch in schwierigen Phasen halten und gemeinsam durch Krisen gehen. „Die Industrie ist kein Krisenverwalter, sondern Zukunftsgestalter. Wer in unserer Branche arbeitet, baut sich nicht nur eine Karriere auf, sondern auch Sicherheit, Perspektive und Lebensqualität“, betont Kloger.
Mehr politisches Gewicht für die Industrie
Trotz dieser Leistung spiegelt sich die Bedeutung der Industrie in politischen Strategien und Positionspapieren bislang nur unzureichend wider. Dabei liegt gerade hier eine große Chance, die Industrie als starken Partner noch sichtbarer in die Standortpolitik einzubeziehen. Eine aktuelle IMAD-Umfrage zum Image der Tiroler Industrie zeigt: Ein Drittel der Tiroler wünscht sich, dass die Industrie künftig deutlich stärker politisch priorisiert wird; aktuell sehen nur neun Prozent sie als Schwerpunkt der Politik. Zugleich gilt die Branche in der Bevölkerung als verlässliche Säule von Wohlstand und Beschäftigung – von attraktiven Arbeitsplätzen bis zu hochwertigen Ausbildungswegen. „Ein starker Industriestandort steht nicht in Konkurrenz zu anderen Branchen – er stärkt sie. Tirols Wohlstand basiert auf dem Zusammenspiel aller Sektoren, und die Industrie ist dabei einer der zentralen Motoren. Was es jetzt braucht, ist sichtbare Priorität: Die Industrie darf nicht Randthema sein, sondern muss Maßstab für Standortentscheidungen werden. Es geht um Verlässlichkeit, Planbarkeit und Augenhöhe – damit Investitionen, Jobs und Wertschöpfung in Tirol bleiben“, bringt es der IV-Präsident auf den Punkt.
1 Auswertung AMS Tirol Dezember 2022 bis Juni 2025


